Wie es dir gelingt, das Thema Schuld ziehen zu lassen und in deinen Beziehungen wieder auf Augenhöhe kommunizierst.

Sind dir schon einmal Menschen begegnet, die irgendwie zeitweise gedrückt durchs Leben zu gehen scheinen? Selbst wenn du noch kein Wort mit ihnen gewechselt hast wirkt es, als ob ihr „emotionaler Rucksack“ mit schwerem Gepäck beladen ist. Für vieles, was ihnen widerfährt, schieben sie sich selbst die Verantwortung in die Schuhe. Allgemein strahlen sie eher negative Gefühle aus, die sie manchmal wie eine Art Wolke umgibt.

Es hat fast den Anschein, als ob sie sich ihr eigenes Glück nicht zu gönnen scheinen…

Und dann gibt es das genaue Gegenteil:

Menschen, die sobald Konflikte oder Widerstände im Außen auftreten die Tendenz haben, sich „abzuputzen“ und andere zu beschuldigen. Alles was irgendwie schief läuft wird impulsiv auf ihren Partner, ihre Familie oder ihre Kollegen projiziert.

In beiden Fällen kann man nicht mehr von einer Kommunikation und Beziehung auf Augenhöhe sprechen, weil die Schuld entweder einseitig auf mir liegt oder komplett abgegeben wird.

Kannst du dich noch an die Wippschaukeln auf dem Kinderspielplatz erinnern? Ausgewogenes Schaukeln ist nur dann möglich, wenn das Gewicht gleichmäßig verteilt ist – sonst hängt ein Part hilflos in der Luft während der andere bewegungsunfähig am Boden festsitzt.

Die zwei Abzweigungen die das Thema Schuld in deinem Leben nehmen kann

Variante Nummer 1: „Euje, was habe ich schon wieder falsch gemacht,….“

 

– Erfolge schreibst du eher anderen zu, Misserfolge scheinen auf dich zurück zu fallen?
– Gönnst du dir dein eigenes Glück, dein eigenes Wohlbefinden manchmal nicht?
– Musst du immer etwas leisten bevor es dir gut gehen darf?

Wenn du meinst, manchmal die ganze Last des Lebens auf deinen Schultern tragen zu müssen und dir Leichtigkeit und Zuversicht nur selten gönnst, bindet das logischerweise deine Lebensenergien.

Du übernimmst womöglich Verantwortung für Gefühle und Dinge, die du nicht ändern kannst und die im Prinzip gar nichts mit dir zu tun haben.

Woher kommt dieses Verhalten?

Ein gutes Beispiel für übernommene Gefühle, die gar nicht zu uns gehören, sind Erfahrungen die wir in der Kindheit gesammelt haben. Speziell wenn es Konflikte in der Elternbeziehung gibt neigen Kinder dazu, im Zuge ihrer magischen Welt, diese Konflikte auf sich selbst zurück zu führen. Mehr Infos dazu gibt es in meiner zweiteiligen Artikelserie „Wenn Scheidungskinder erwachsen werden.“

Es kann aber auch sein, dass „Altlasten“ und unausgesprochene Gefühle in unserem Familiensystem bestehen, die möglicherweise schon in unserer vorherigen Generation ein Thema waren. Nur weil sie nie angesehen und bewusst angesprochen wurden, werden sie unbewusst auf die nächste Generation vererbt.
Ein guter Weg um diese übernommene Schuld aufzudecken und dort zu lassen, wo sie hingehört sind Familienaufstellungen.

Wenn du ein Thema für dich entdeckt hast hilft es auch schon dir bildlich vorzustellen, dass du die „Pakete“ bildlich vor die Füße derer legst, wo sie hin gehören. Und dir für dich überlegst, was die Betroffenen besser machen hätten können um den Konflikt aufzulösen. Denn auch sie wünschen dir bestimmt, dass du es dir gut gehen lassen darfst.

[Tweet „Du kannst die Vergangenheit nicht ändern und du bist auch nicht deine Vergangenheit.“]

Um auf das Beispiel mit der Schaukel zurück zu kommen: Du nimmst quasi das Gewicht auf der Wippschaukel von dir, verlagerst es in die Mitte  und erlangst somit wieder neuen Spielraum und viel Luft zum Atmen, indem du aufsteigst.

Variante Nummer 2: „Was hast DU schon wieder angestellt?!“

Du neigst dazu die Schuld sofort anderen in die Schuhe zu schieben?

Wobei ich mich manchmal selbst ertappe

Ein praktisches Beispiel aus dem Zusammenleben mit meinem Partner im gemeinsamen Haushalt (manchmal ein heisses Thema) 😉

Wenn mir eine Kleinigkeit auffällt die nicht passt, meine Routine zu Hause unterbrochen wird oder ich etwas in der Küche nicht finde, etc… – kommt in mir selten aber doch ein kleiner Anflug an Zorn hoch. Und diesen Zorn mag ich mir manchmal nicht selbst zuschreiben. Deshalb passiert es, dass ich manchmal den Impuls entwickle, meinen Freund ganz automatisch zu beschuldigen. Ungerechtfertigter Weise, wie sich im Nachhinein rasch herausstellen kann.

Damit stelle ich mich über ihn (gehe sozusagen in die Elternrolle oder das Über-Ich).

Diese Art der Kommunikation ist aber weit entfernt, von einer wertschätzenden Kommunikation auf Augenhöhe.

Was steckt hinter diesem Verhalten?

Hinter dem Verhalten andere zu „beschuldigen“ steckt oft die unbewusste Absicht Verantwortung abgeben zu wollen. Nur im Endeffekt macht dich dieses Verhalten unflexibel, weil du sowohl die Ursache, als auch die Lösung für ein Problem, an jemanden anderen abgibst.

Bei dem Beispiel mit der Wippschaukel würde es sich so verhalten, dass du das ganze Gewicht zum anderen schiebst und somit hilflos in de Luft hängst.

Bevor du das nächste Mal den Fehler im Außen suchst: frag dich ehrlich, welchen Anteil du zu der Situation beigetragen hast und verlagere das Gewicht somit in die Mitte der Schaukel, dort wo es hingehört – um auf Augenhöhe zu kommunizieren.

Dann kann gemeinsam eine Lösung gefunden werden und euer Konflikt verlagert sich nicht auf andere Lebensbereiche.

Du selbst bist die Veränderung, die du haben möchtest!

Wenn du möchtest, beobachte dich in Zukunft etwas genauer: Wann schreibst du dir belastende Gefühle zu, die gar nicht zu dir gehören? Und wann ist es an der Zeit den Fokus auf dich zu lenken und die Verantwortung für dein eigenes Handeln zu übernehmen?

Ich freue mich über deinen Kommentar!

Hast du dich einer der beiden Varianten eher zuordnen können – oder gibt es manchmal auch Überlappungen? Gibt es Beispiele aus deinem Leben, die du für dich erkannt und bereits etwas für dich geändert hast – oder ändern möchtest?

 

Sei bei dir- bleib bei dir

 

Literaturangabe:

Sabine&Roland Bösel.(2013). Warum haben Eltern keinen Beipackzettel?.Orac Wien

8 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Liebe Michi,

    danke für diesen tollen Artikel.

    Ich ertappe mich auch immer oft, dass ich mich selbst oder andere vorschnell verurteile.

    Wenn wir es im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation von „Marschall Rosenberg“ betrachten, begeben wir uns dabei in den „Wolfsmodus“. Das bedeutet, wir greifen an. Die „Giraffe“ hingegen kann nur die Bedürfnisse hören.

    Wenn es mir gelingt, versuche ich in solchen Situationen immer wieder in den Giraffenmodus zu wechseln. Ich frage mich: Wie geht es mir(dem Gegenüber jetzt in dieser Situation und was ist mein/sein Bedürfnis.

    Das verändert dann sofort etwas, weil wie Du sagst: Wir selber sind die Veränderung!

    Alles Liebe,

    Claudia

    Antworten
    • Liebe Claudia!

      Danke für deinen Kommentar – auch ich bin ein Fan der gewaltfreien Kommunikation. Die Metapher mit Wolf und Giraffe kannte ich noch gar nicht 🙂
      Ich werde mir das nächste Mal, wenn ich den Fokus auf andere lege und dabei emotional werde, die Giraffe in Erinnerung rufen und ich bin überzeugt, schon alleine diese Visualisierung lenkt meine Emotionen in andere Bahnen und hilft!

      Alles Liebe und ich freu mich auf den Gaumenschmaus in Vorarlberg

      Antworten
  • Liebe Michaela,

    ein sehr guter Artikel und eine sehr schöne Metapher. Ich finde das Thema Schuld eines der Schwierigsten. Diese Last von sich zu nehmen ist gar nicht so einfach. Ich lege Patienten gerne all meine Bücher auf den Schoss und lasse sie das Gewicht spüren. Danach legen wir Stück für Stück eines nach dem anderen Weg.

    Weiter so!!

    Liebe Grüße Alexandra

    Antworten
  • Eva Novotny
    27. Juli 2014 20:53

    Liebe Michaela!

    Wieder ein sehr guter Artikel, der in einem selber Dinge anklingen lässt!
    Ja, ich kenne beides:
    Ersteres, als ich mich noch unbewußt in meiner (kindlich getriggerten) Opferrolle befand.
    Zweiteres (auch wenn es genauso einer Opferhaltung entspricht) ist allerdings nicht mehr ganz so einfach, wenn sich da mit dem Partner keine zufriedenstellende Lösung finden lässt, weil er nicht willens (od. fähig) ist meine Bedürfnisse/Wünsche dahingehend ernst zunehmen oder auch zu berücksichtigen – denn dann wird es letztlich zu einem Machtkampf bei dem beide verlieren 🙁
    Gerade wenn es um Unordnung im gemeinsamen Haushalt geht, kann ich ein Lied davon singen!

    Und schön, daß Du hier so ehrlich aus eigenem Erleben sprichst, Danke.

    LG Eva

    Antworten
    • Liebe Eva!

      Danke!
      Ja, ja so ist es.
      Arbeit an sich und Arbeit an Beziehungen, ist eben Arbeit ansich 😉 – und nicht immer einfach! Aber wenn das Leben nicht immer solche Herausforderungen für uns parat hätte, wärs ja fast schon langweilig! Und wenn ein Thema gelöst ist, kanns passieren, dass schon das nächste vor der Türe steht 😉

      Auch dir, danke für deine Offenheit!

      Alles Liebe und bis bald,
      Michaela

      Antworten
  • Liebe Michaela,

    gute Anregung, ich werde das mal genauer beobachten

    ich neige eher dazu, die Schuld bei mir zu suchen
    das liegt bei mir wohl wirklich an den von dir angesprochenen „Altlasten“, indem bei uns zu Hause gerne die Schuld an zwei Personen festgemacht wurde, die beinahe „alles verbockt haben, was es nur zu verbocken gibt“ (und obwohl diese beiden nicht mal mehr leben, sind sie trotzdem noch in unserem „Familienuniversum“ vorhanden und müssen noch immer als Sündenböcke herhalten)

    daher habe ich wohl eine Abneigung dagegen entwickelt, vorschnell anderen die Schuld in die Schuhe schieben zu wollen

    lg Bettina

    Antworten
    • Hallo Bettina!

      Ja schon alleine die Beobachtung deiner eigenen Muster, wenn möglich aus der Metaebene (also wie wenn du das Geschehene auf einer Theaterbühne beobachten würdest) verändert bereits.

      Und alles wogegen wir Widerstand oder Abneigung entwickeln kann zu einer „Schattenseite“ von uns werden. Vielleicht gelingt es dir, den Stein (die Last) allgemein wieder in die Mitte der Schaukel zu bewegen, ganz spielerisch. 🙂

      Liebe Grüße,
      Michaela

      Antworten

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